Leibesfrucht oder bestellbares Produkt? Der Landesverband der Hebammen NRW distanziert sich von Schmalspur-Rhetorik im Hebammenforum
Die „assistierte Befruchtung“ – ein spannendes Thema mit Blick auf die Frage, ob und wie Hebammen hier für sich eine ethische Haltung finden (müssen). Von solchen Reflexionen finden sich jedoch keinerlei Spuren in einem Artikel, den der Medizinethiker Giovanni Maio in der Juniausgabe der Verbandszeitschrift des Deutschen Hebammenverbandes veröffentlicht hat.
Nach Meinung des Landesverbandes NRW darf Professor Maio hier moralisierend, engstirnig und herabwürdigend gegen jede Form der nicht-natürlichen Zeugung anschreiben. Die Schieflage der Argumentation sorgt für heftige Kritik.
Die Website regenbogenfamilien-nrw.de sieht hier den Kampf um das idealisierte Bild der heterosexuellen Normfamilie am Werk – moralisch ausgeschlossen wird alles, was nicht in diese Fantasie passt. Regenbogenfamilien seien in dem Pamphlet von Maio zwar nicht explizit erwähnt, dürften sich aber mit gutem Grund angegriffen fühlen. Aber nicht nur Regenbogenfamilien, sondern auch alle anderen Frauen/Paare mit unerfülltem Kinderwunsch, die aus unterschiedlichen Gründen nicht in der Lage sind, durch die „einzigartige Begegnung“ zweier heterosexueller Personen ein Kind zu zeugen, werden moralisch diffamiert.
Fatalismus als Rezept
Maio verkündet, es gebe einen fundamentalen Unterschied zwischen der natürlichen Fortpflanzung, die eingebettet in den Zyklus des Lebens durch die heterosexuelle Beziehungsfähigkeit gestiftet wird und der künstlichen, die Ausdruck der Hybris des Menschen ist, der dadurch das ungeborene Leben verdinglicht. Wohlgemerkt, es geht hier nicht um eine Reflexion etwaiger psychischer Belastungen oder sozialer Reaktionen, sondern ausschließlich um die ethische Dimension. Und hier gibt es keine Diskussion: Das Grundproblem – so Maio – liege in der veränderten Einstellung zum Kind oder noch direkter gesagt: „Das ungeborene Leben wird verdinglicht.“ Maio unterstellt allen, die auf nicht-natürlichem Weg ein Kind zeugen, „Selbstbezogenheit“ und eine „Haltung des Bestellens“. Richtig sei es dagegen, den Kinderwunsch als Wunsch zu leben, „weil man einen neuen Menschen nur wünschend empfangen kann“. Hier werden menschliche Gefühle im moralischen Eifer ausgeblendet. Mehr als Fatalismus hat der Autor für alle Menschen mit unerfülltem Kinderwunsch nicht im Angebot.
Wir widersprechen
Für uns als Hebammen steht die Eltern-Kind-Bindung im Mittelpunkt, wir sehen deren Förderung als eines der großen Ziele unserer Arbeit. Wir wissen aus unserer alltäglichen Praxis, dass nicht die Entstehung eines Kindes, sondern die Bindung zwischen Eltern und Kind die Entwicklung bestimmt.
Es ist möglicherweise diskutabel, eine solche Position wie die von Maio anzudrucken, es ist aber in keiner Weise hinnehmbar, wenn diese unwidersprochen bleibt. Wir distanzieren uns deutlich von der hier vertretenen Sichtweise, die nach außen wie die Meinung des Deutschen Hebammenverbandes aussehen muss!
Lesen Sie hier den Artikel der Website regenbogenfamilien-nrw.de